Auf meinen Post "Googlen ist nicht recherchieren" hat es
verschiedentlich die Kritik gegeben, dass ich ja in meinem Beispiel
nichts anderes getan hätte als zu googlen. Richtig ist, dass ich in
meinem Beispiel Google benutzt habe, weil das die Datenquelle ist, die
den Meisten vertraut ist und immer zur Verfügung steht. Die Datenquelle
ist aber für mein Beispiel eher zweitrangig, denn es geht mir um die
Methode.
Ich vermute, dass die Kritik an meinem Post zustande gekommen ist,
weil meine Kritiker und ich verschiedene Auffassungen davon haben, was
man unter "googlen" verstehen sollte. Deshalb möchte ich hier
darstellen, was ich unter "googlen" im Gegensatz zu "eine Datenquelle"
auswerten verstehe:
Ungeschicktes Fragen
Mir ist immer wieder aufgefallen, dass auch Leute, die ich für sonst
recht versiert im Umgang mit Texten usw. halte einen etwas
unkoordinierten Zugang zum Umgang mit einer Suchmaschine haben. Da
kommen dann Suchanfragen heraus, die in etwa so aussehen: "Einfache Rezepte zum prima Kekse backen für Hunde"
(die Stichelei ist beabsichtigt). Als Ergebnis erscheint dann das in
Abb. 1 gezeigte Suchergebnis. Gibt man dagegen nur die wirklich
relevanten Suchbegriffe "Hundekeks Rezept einfach" ein,
verbessert sich die Qualität des Ergebnisses deutlich (siehe Abb. 2).
Die Verwendung von für die Suchmaschine irrelevanten Worten hat dazu
geführt, dass Google am Ziel vorbeigeschossen ist und uns schlechtere
Ergebnisse liefert, als es eigentlich könnte.
Es ist dieser etwas naive Zugang zum Thema Suchmaschinenverwendung,
den ich unter "googlen" verstehe. Viele tippen einfach irgendetwas in
das Suchfeld ihres Browsers, ohne sich vorher Gedanken darum zu machen,
was sie eigentlich suchen bzw. finden wollen. Viele schlucken auch das,
was ihnen die Suchmaschine auf der ersten Seite präsentiert, wobei die
spannenderen Dinge in der Regel auf den hinteren Seiten passieren, also
da, wo nicht jeder hinschaut (hilfreich ist auch, die Suche auf
bestimmte Datentypen, z. B. PDFs, einzugrenzen). Was Google auf der
ersten Seite zeigt, ist nämlich nur das, was alle sehen.
Recherche ist mehr als Suchen
Doch selbst das bedachte und geschickte Suchen in einer Suchmaschine
ist noch keine Recherche. Diese beginnt erst, wenn man beginnt, die
gefundenen Daten miteinander zu verbinden. Im Falle des Lokalpolitikers
aus meinem ersten Recherche-Post könnte ich zum Beispiel ein
Veranstaltungs-Foto gefunden haben, auf dem der besagte Lokalpolitiker
mit mehreren anderen Personen sitzt. Daraus ergeben sich Folgefragen:
Wer sind die anderen Personen? Was ist ihre Funktion? Was ist das Thema
der Veranstaltung? Mit welchen Institutionen stehen diese Personen in
Verbindung? Ich kann nun ausgehend von diesem einen Bild weitere Suchen
starten. Diese müssen nicht auf eine Suchmaschine beschränkt sein.
Wenn die Veranstaltung, zu der das Foto gehört, zum Beispiel das Foto
einer Bürgerversammlung ist, in der es um die Errichtung eines neuen
Kohlekraftwerks am Stadtrand geht, könnte ich mich mit den Organisatoren
der Veranstaltung in Verbindung setzen, schauen, ob es eine
Bürgerinitiative gibt, die gegen das Kraftwerk ist oder den Versuch
starten, mich mit Vertretern der Firmen in Verbindung setzen, die am Bau
des Kraftwerks beteiligt sind. Man könnte auch noch ins Stadtarchiv
gehen oder nach einem historischen Verein suchen, um etwas über die
Geschichte des Grundstücks zu erfahren.
Entscheidend ist, das man sich so von Information zu Information
weiterhangeln und Stück für Stück ein Bild von den Begebenheiten machen
kann. Die eigentliche Rechere besteht nicht aus den einzelnen Suchen,
sondern darin, die gefundenen Informationen miteinander zu verbinden.
Mit jedem Schritt, den man gegangen ist, kann man aus dem bisherigen
Material neue Spuren ziehen, die man weiterverfolgen kann. Im Gegenzug
vervollständigt sich das Gesamtbild immer mehr.
Tipp: Ein Handarchiv anlegen
Hilfreich ist es auch, sich ein sogenanntes Handarchiv azulegen.
Hinter dem etwas altmodischen Begriff "Handarchiv" verbirgt sich eine
Sammlung von Recherchematerial, das man gesammelt hat, um es jederzeit
zur Hand zu haben. Es kann einerseits als Ausgangspunkt für neue
Recherchen dienen, andererseits stellt man sich so sein persönliches
Nachschlagewerk zu Themen zusammen, an denen man interessiert ist.
In den Zeiten vor dem Computer bestand so ein Handarchiv in der Regel
aus einer Sammlung von Zeitungsausschnitten, Mitschriften oder
Dokumenten, die man zum Beispiel nach Themen sortiert in Ordnern
abheftete oder in Archivmappen unterbrachte. Heute bieten sich dafür
Programme wie Evernote oder Outliner an. Wichtiger als die konkrete
Technik, mit der man seine Informationen archiviert, ist, dass man die
Daten sinnvoll strukturiert ablegt.
Nützliche Links
Das Netzwerk Recherche bietet mit seiner Werkstatt-Reihe nützliche
Informationen zum Thema Journalismus an, unteranderem zum Thema
Recherche. Dort findet man auch eine Digitalversion des Trainingshandbuchs Recherche, dass einem interessante Einblicke in das
Thema bietet, sowie die beiden Bände Leidenschaft Recherche und Mehr Leidenschaft Recherche.
Im englischen Sprachraum gibt es die Nieman Reports, die auch qualitativ hochwertige Informationen bieten
Nützliche Informationen kann man auch auf den Seiten der Mainzer Mediendispute finden.
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