Dienstag, 13. Februar 2018

Erfolg als Autor




Was ist Erfolg? - Das ist eine gute Frage. Ich glaube ganz grundsätzlich, dass sich Erfolg für jeden anders darstellt. Der Witz an der Sache ist, dass jeder zu wissen glaubt, was »Erfolg« ist, nämlich die Möglichkeit, mit dem, was man tut, möglichst viel Geld zu verdienen. Das ist aber viel zu kurz gedacht. Deshalb soll es hier um Erfolg aus einer künstlerisch-ökonomischen Perspektive gehen.


Der Konvention nach scheinen sich Kunst und Ökonomie zuerst einmal auszuschließen. Doch das ist nur der erste Anschein, der uns blendet. Ich bin der Meinung, dass sich das nur an der Oberfläche ausschließt. Geht man einen Schritt über die Konvention hinaus, so sieht man, dass nahezu jeder Künstler möchte, dass seine Werke von möglichst vielen Rezipienten gesehen werden.

Die Bedeutung von »Erfolg«

 
Das ist grundsätzlich ein ökonomischer Gedanke. Die Währung ist hier zunächst Aufmerksamkeit. Wenn sich diese Aufmerksamkeit dann auch monetär niederschlägt, umso besser. Ich bin kein Fan der Ansicht, dass man nur Kunst um der reinen Liebe zur Kunst machen sollte. Was oft übersehen wird, ist, dass Kunst und damit auch das Schreiben, im wesentlichen Arbeit ist und man von bloßer Bewunderung nicht satt wird. Selbst wenn man mit Leidenschaft dabei ist (was man sein sollte), bezahlt die Leidenschaft allein nicht die Materialien, die Miete oder die übrigen Rechnungen. In jeder anderen Profession ist es üblich, dass, wenn man eine Arbeit macht, man dafür bezahlt werden sollte. Lediglich von den Künstlern wird erwartet, dass sie ihre Arbeit um der Liebe zur Sache tun, was wie so viele Dinge, die heute im künstlerischen Bereich im Argen liegen ein, Relikt der Romantik ist. Kunst um der Kunst willen ist eine Erfindung der Neuzeit. Davor war es selbstverständlich, dass erfolgreiche Künstler auch wirtschaftlich auf der Höhe waren. Eines sollte klar sein, sobald man sich vom ideologischen Ballast befreit hat: Ohne den Willen, bezahlt zu werden, bleibt das, was man tut, ein bloßes Hobby.

Jenseits des Hobbyistentums gibt es nun grundsätzlich zwei Wege, die man einschlagen kann: Die Kommerzialisierung hin zur Massenware oder die Produktion von »Luxuswaren« mit aufwendiger Gestaltung und vielschichtigem Aufbau. Auf den Autor bezogen bedeutet das, dass man im Wesentlichen zwei Typen unterscheiden kann: den Handwerker, der schnelle Leseware zu geringen Preisen produziert, um durch große Stückzahlen Geld zu verdienen und den Künstler-Autor, der weniger, aber künstlerisch höherwertige Texte produziert, die dann nur weniger Leser erreichen (weil es für höherwertige Ware weniger Kunden gibt) und deshalb höherpreisig sein müssen.

Ich will damit nicht sagen, dass das eine oder das andere mehr Berechtigung hat. Es sind einfach zwei unterschiedliche Wege, an die Sache heranzugehen. Wichtig ist aber, dass man sich im voraus klar ist, welche Lesergruppe man erreichen möchte.

Grundvoraussetzung für den Erfolg

 

Wesentlich auch für den ökonomischen Erfolg ist, dass man weiß, worauf man hinauswill. Erfolg ist nichts Absolutes, sondern immer relativ zu einem Ziel, dass man sich gesetzt hat. Das heißt zwar noch nicht, dass das Ziel für sich gut sein muss, oder in irgendeiner Weise erstrebenswert, aber es ist wichtig, dass man einen Fixpunkt hat, auf den man sich konzentrieren kann.

In Bezug auf das Projekt, ein erfolgreicher (also gelesener) Autor zu werden, heißt dass, dass man sich nicht allein um das Schreiben des Buches an sich Gedanken machen sollte, sondern auch darum, wie man seine Texte so produziert und verkauft, dass sich das Projekt selbst trägt.

Letztendlich ist man als Autor ein Entrepreneur/ein Ein-Mann-Start-Up, dass unter hohem Risiko ein Produkt herausbringt. Deshalb ist es so wichtig, dass man die ökonomische Seite in den Griff kriegt. Dazu muss man sich schon im Voraus Gedanken machen, was zielführend ist und was nicht. Der wesentliche Punkt ist aber wie bei allen ökonomischen Vorhaben, dass man Kosten möglichst reduziert. Lektorat, Covergestaltung und Layout sind teuer, genauso wie »professionelle« Schreibsoftware. Hier gilt als oberste Maxime: Was ich einsparen oder substituieren kann, sollte ich einsparen!

Der Grund ist einfach: Geht man den traditionellen Weg in der Herstellung und Vermarktung eines Buches, so wird man überschlägig rund 2.000 € Produktionskosten pro Buch veranschlagen müssen (ca. 1.200 € Lektorat, 300 € Cover, 300 € Layout und ca. 200 € für ein einschlägiges Schreibprogramm). Rechnet man noch Schreibseminare, Besuche auf Konferenzen usw. dazu, kommt man schnell auf Kosten von 2.500 oder mehr Euro.

Das heißt aber, dass man erst diese 2.500 € eingenommen haben muss, bevor man beginnt, mit dem Buch etwas zu verdienen (der sogenannte Breakeven Point). Man müsste 250–300 Printexemplare in üblicher Seitenzahl (250+) und Preisgestaltung (ca. 10–12 €) verkaufen, was für einen Indieautor eine ambitionierte Zahl ist, wenn man bedenkt, dass auch bei großen Verlagen von den Midlist-Titeln in der Regel ebenfalls nicht mehr als 500 Exemplare gedruckt werden.

Man muss sich im Klaren darüber sein, wohin man gehen möchte

 

Die Realität wird bei den meisten Kleinautoren eher so aussehen, dass die Verkäufe eher bei 100 Stück liegen werden. Das heißt im Umkehrschluss, dass man – die »traditionelle« Vorgehensweise vorausgesetzt – die Produktionskosten nicht wieder wird einspielen können. Damit bleiben aber nur zwei Wege, die man so beschreiben kann: Entweder man betreibt das Self Publishing als mehr oder weniger kostspieliges Hobby oder man reduziert radikal die Produktionskosten. Wenn man dabei fair vorgehen möchte und bereit ist, die Dienstleister genauso fair zu bezahlen wie man selbst bezahlt werden möchte, stößt man allerdings schnell auf Probleme.

Grundsätzlich bin ich kein Fan von »Probearbeiten« und ähnlichen Konzepten. In der Regel ist jeder Künstler, der etwas auf sich hält, bereit, Arbeiten aus seinem Portfolio zu präsentieren. Das sollte ausreichen, um sich über den Stil und die Fähigkeiten des Künstlers ein Urteil bilden zu können. Ein ernsthafter Künstler wird zudem Preise nehmen, die für ihn kostendeckend sind. Ist das Angebot besonders »günstig« lässt das eher darauf schließen, dass der Anbieter entweder ahnungslos oder verzweifelt ist. Bei einem aus Stock-Material zusammengesetzten Cover kann man von realistischen Preisen von ca. 300 € ausgehen, während man bei einem exklusiven Cover mit eigens angefertigtem Bild usw. schnell im oberen dreistelligen Bereich landen kann.

Für den ökonomisch denkenden Self Publisher bedeutet das noch einmal (man kann es nicht oft genug betonen): Kosten senken! Es ist einfach notwendig, die anfallenden Kosten so weit wie möglich zu reduzieren. Wenn man dabei kein Preisdumping betreiben will, bleiben dem Autor eigentlich nur zwei Möglichkeiten, diese zu reduzieren: Bei der verwendeten Software und bei den Lektoraten.

Mögliche Lösungen

 

Die Reduktion der Softwarekosten ist relativ einfach zu bewerkstelligen, da es in allen für Autoren relevanten Bereichen entsprechende Open-Source-Software gibt. Es gibt zum Beispiel Open-Source-Programme wie den YWriter oder den QuollWriter, die kommerzielle Autorensoftware ersetzen können oder Software wie WriteWay, das vom Software-Hersteller zur freien Nutzung freigegeben wurde. Und selbst LibreOffice kann man so aufbohren, dass man eine für Autoren brauchbare Schreibumgebung erhält. Das Layout lässt sich mit Scribus und Open-Source-Schriften bewerkstelligen, von denen es inzwischen viele gibt, die professionellen Ansprüchen genügen. - Generell gilt: Alles, was du selbst tun kannst, kostet dich weniger.

Der zweite Punkt, durch den man die Kosten deutlich reduzieren kann, ist – so ungern ich das sage – das Lektorat. Es ist mit der größte Kostenpunkt und daher der Posten, bei dem man am ehesten Einsparungen erzielen kann. Ich bin ganz und gar nicht dafür, auf das Lektorat völlig zu verzichten. Wenn man mit seinen Büchern genug verdient oder zu den Glücklichen gehört, die noch ungenutztes Geld irgendwo herumliegen haben, kann und sollte sich ein Lektorat leisten.

Dennoch sind die Kosten für ein solches gerade für einen neuen Autor kaum zu stemmen. Man braucht also eine halbwegs funktionierende Alternative. Beliebig aus dem Internet oder Facebook zusammengeworbene Testleser können es nun nicht sein. – Was also dann?

Die für mich zielführendste Alternative ist, mit anderen Autor(innen) ein Korrekturkollektiv zu bilden, in dem die beteiligten Autoren gegenseitig ihre Texte überarbeiten. Das ist eine Lösung, die ein Lektorat nicht vollständig ersetzen kann, aber, gute Teammitglieder vorausgesetzt, zu akzeptablen Ergebnissen führt.

Generell ist wichtig, dass man den Aufwand um das eigentliche Schreiben herum minimiert. Dazu gehört auch, dass man plant, wann man welche Maßnahmen ergreift und welche von diesen voraussichtlich die größte Wirkung haben. Das fängt bei simplen logistischen Problemen wie zum Beispiel »Was mache ich zuerst? Das E-Book oder die Printfassung?« und geht über alle Bereiche des Self Publishing hinweg. Es ist wichtig, dass man ein übergeordnetes Ziel hat, damit man weiß, in welche Richtung man steuert. Ob man dieses Ziel nun wirklich erreicht, ist dabei erst einmal zweitrangig. Aber man braucht das Ziel als Fixpunkt am Horizont, der einem sagt, warum man etwas macht. Letztendlich ist nichts hinderlicher für das Vorankommen als die Unfähigkeit, sich für eine Sache voll und ganz entscheiden zu können.

Ohne Durchhaltevermögen gelangt man nicht ans Ziel

 

Um das zu erreichen braucht man zwei Eigenschaften, auf die letztendlich jeder Versuch basiert, seine Ziele zu erreichen: Ausdauer und den Willen sowie das nötige Wissen, seine Sache auch gegen Widerstände durchzusetzen. Denn nur wenn ich von allen dreien genug aufbringe, mein Ziel verfolge, werde ich lange genug am Ball bleiben, um letztendlich dort anzukommen. Wenn ich auf dem Weg dorthin Durststrecke aushalten muss -- So what?! Ich muss nur wissen, wohin mein Weg mich führt.

Ein Bonmot meiner jüngeren Tochter trifft es genau:
Wenn alle »nein» sagen, dann sage ich »DOCH!«

Dennoch sollte man nicht zu fanatisch an einer Sache festhalten, wenn sich abzeichnet, dass sich diese als falsch erweist. Es ist gut, ein Ziel zu haben, aber es ist nie das einzige. Und wenn sich ein besserer Weg ergibt, sollte man ihn gehen. Schließlich würde niemand bei vollem Verstand mit Enthusiasmus auf eine Klippe zu rennen, wenn er weiß, dass er zu Tode stürzen wird.

Dienstag, 6. Februar 2018

Angst ist ein nutzloses Gefühl

Wir alle verspüren Angst. Angst ist nützlich, wenn wir in Situationen geraten, in denen uns Gefahr für Leib und Leben droht. Nur so können wir schnell genug reagieren und die Kraft aufbringen, die nötig ist, um aus der gefährlichen Situation zu entkommen. Völlig fehl am Platze ist sie aber in den meisten Fällen des Alltags. Und gänzlich unsinnig wird sie bei Ereignissen, deren Ausgang wir nicht beeinflussen können und die ganz und gar nicht bedrohlich im eigentlichen Sinne sind. Das ist zum Beispiel der Fall bei Lesungen, bei der Vorstellung des neuen Covers auf Facebook, oder aber beim Veröffentlichen eines Blogposts wie diesem hier.

Wovor fürchten wir uns eigentlich? Das, was uns so bedrohlich erscheint, ist nicht die Situation selbst, sondern oft die Furcht vom Publikum abgewiesen zu werden (zumindest dann, wenn man nicht zu Depressionen neigt). Uns gehen tausende Gedanken durch den Kopf: »Was ist, wenn den Leuten nicht gefällt? – Was passiert, wenn ich meine Lesung in den Eimer haue? –Wie kann ich noch etwas Interessantes schreiben, wenn doch schon alles geschrieben scheint.« usw.

Das alles sind Gedanken, die dem durchschnittlichen Autoren bzw. Autorin spätestens dann kommen können, wenn man sich entschlossen hat, das eigene Werk einem wie auch immer gearteten Publikum zu präsentieren. Dabei ist völlig gleich, welche Ausprägung diese Angst nun annimmt: Im Kern liegt immer eine Angst vor Dingen, über die man keine Kontrolle hat. Ich habe Angst vor der Reaktion des Publikums, Angst, dass meine Geschichte nicht gefällt, dass ich mich zum Trottel mache usw. Das sind in der Regel alles Dinge, auf deren Ausgang ich keinen Einfluss habe. Darum hat die Angst, die ich empfinde auch keinen Nutzen, weil sie keine Veränderung in Bezug auf die Umstände, die meine Angst verursachen, bewirkt.

Es ergibt zum Beispiel gar keinen Sinn, nichts zu schreiben, weil ich mir Gedanken darum mache, dass das, was ich schreibe, nicht gut genug sein könnte und die Leser meinen Text in der Luft zerreißen würden. Es ergibt auch keinen Sinn, sich vorher Sorgen zu machen, dass man sich auf der Lesung blamieren wird, weil man nicht gut genug sind.

Viel wichtiger ist stattdessen, sich auf Dinge zu konzentrieren, die man tatsächlich beeinflussen kann. Habe ich meine Materialien so zur Hand, dass ich die Informationen, die ich brauche, sofort finde? Habe ich den Text, den ich präsentiere, Korrektur gelesen? Habe ich die Lesung geprobt?
Ich habe zwar vielleicht auf die äußeren Umstände keinen Einfluss, sehr wohl aber auf die Art und Weise, wie ich mich diesen äußeren Umständen stelle. Sich gut vorzubereiten ist eine der Strategien, die hilfreich sind, um mit der Situation fertig zu werden, ganz einfach, weil es einem die Sicherheit gibt, alles getan zu haben, um mein Anliegen so gut wie möglich vorbringen zu können.

Wichtig ist, dass man sich einen »Werkzeugkasten« an Vorgehensweisen zurechtlege, der mir hilft, auch in schwierigen Momenten Ruhe zu bewahren. Für mich hat sich die sogenannte WOOP (Wish Outcome Obstacles Plan)-Methode als hilfreich erwiesen. WOOP basiert darauf, dass man sich nicht allein auf das mögliche Ergebnis konzentriert, sondern darauf, welche Hindernisse überwunden werden müssen, um das im Wunsch definierte Ziel zu erreichen. Wenn ich  beispielsweis Lesungen halten will (Wish), aber Angst vor dem Auftritt habe, kann ich zum Beispiel als Ergebnis (Outcome) formulieren, dass ich eine gute Lesung abliefere. Was sind nun die Hindernisse (Obstacles), die mich daran hindern, dieses Ziel zu erreichen? Habe ich zum Beispiel Angst, vor anderen Leuten zu sprechen? Rede ich undeutlich? Sobald ich weiß, wo die Probleme liegen, die mich an der Verwirklichung meines Ziels hindern, kann ich einen konkreten Plan entwickeln, diese zu überwinden (Plan). Das kann zum Beispiel bedeuten, dass ich in einer kleinen Location anfange (Zum Beispiel bei einer Wohnzimmerlesung), oder mit anderen Autoren zusammen auftrete, sodass nicht der ganze Abend an mir hängt.

Doch letztendlich ist es ganz gleich, welche Methode man anwendet, seine Angst zu überwinden, solange sie funktioniert. Wichtig ist auch, dass man sich durch Fehlschläge nicht abschrecken lässt, sondern auch in Bereichen, die uns unangenehm sind, Routine entwickeln. Je öfter wir uns unserer Angst stellen, desto weniger Macht hat sie über uns. Das tritt aber nur dann ein, wenn man planvoll vorgeht. Man muss sein Ziel vor Augen haben. Sich einer Angst erzeugenden Situation immer wieder auszusetzen, ohne einen Weg zur Verbesserung zu finden, ergibt einfach keinen Sinn. Im schlimmsten Fall muss man sich professionelle Hilfe suchen.

Dienstag, 30. Januar 2018

Talent, Marx und ein Stück Holzkohle


Als ich vor rund achtzehn Jahren im AStA der Uni Duisburg-Essen war, hatte ich eines Abends eine angeregte Diskussion mit einer ziemlich rechtgläubigen, aber etwas einfallslosen Marxistin. Es ging um die Frage, ob das künstlerische Können eines Menschen allein von der materiellen Basis geprägt ist oder nicht. Auf 'normalsterblich' übersetzt heißt das soviel wie: Die Mittel, die mir zur Verfügung stehen, bestimmen, was ich bin, zumindest in einer naiven Auffassung des marxistischen Konzepts. Während sie davon ausging, dass nur die Mittel, die man zur Verfügung hat, bestimmen, wer man ist, war ich etwas anderer Meinung. Wie diese aussieht, will ich im Folgenden erläutern.

Wer meine bisherigen Posts zum Thema Talent gelesen hat, weiß, dass ich davon ausgehe, dass es beides braucht, Talent und Übung und dass die äußeren Umstände zwar die Art und Weise, wie ich mein Talent verwirklichen kann, beeinflussen, aber es nicht determinieren. Ich will das einmal genauer erklären: Es gibt dieses geflügelte Wort, dass jeder Mensch nur 10.000 Stunden üben müsste, um in einer Sache Perfektion zu erreichen. Das ist meines Erachtens in dieser schlichten Form falsch (Man kann auch 10.000 Stunden lang Unsinn produzieren). Tatsächlich bin ich der Meinung, dass man sich durch das Erlernen handwerklicher Fähigkeiten und beständigen Übens immens verbessern kann, dennoch wird ein talentierter Mensch bei gleichem Aufwand immer einen talentbefreiten Menschen schlagen können.

Ich möchte das gerne an einem Beispiel verdeutlichen. Ich selbst bin nicht besonders groß, habe eher kurze Beine und bin eher kurzatmig (Asthma). Würde ich gegen Usain Bolt in einen Sprint antreten, könnte ich 10.000 Stunden lang üben, ohne jedoch Usain Bolt schlagen zu können. Selbst auf dem Höhepunkt meiner antrainierten Leistungsfähigkeit wäre ich nicht in der Lage, ihn besiegen zu können, ganz einfach, weil ich nicht die (physischen) Voraussetzungen dafür habe.

Das gilt analog auch für die Kunst. Ein talentierter Künstler wird, wenn er beständig seine Fähigkeiten weiterentwickelt immer besser sein als jemand, dem weniger Talent mitgegeben wurde. Das heißt aber nicht, dass ein hochtalentierte Mensch auch zwangsläufig erfolgreich sein muss. Talent zu besitzen heißt nicht, dass man dieses auch entwickelt. Man muss es nutzen, um es zum Leben zu erwecken. Tut man es nicht, wird nie etwas geschehen.

Und darin liegt auch die Hoffnung für die nicht Hochbegabten unter uns. Durch den festen Willen voranzukommen, kann man letztendlich – was die Ergebnisse betrifft – erfolgreicher als der Talentierte sein, der seine Fähigkeiten nicht nutzt oder weiterentwickelt. Dabei ist natürlich eine geordnete Umgebung, in der man alle Werkzeuge, die man braucht, zur Hand hat, hilfreich, doch viel wichtiger ist, dass man, wenn man Autor sein will, planvoll vorgeht, sich Gedanken macht, welche Schritte man gehen muss, um seinen Text veröffentlichen zu können. Man muss den Durchhaltewillen entwickeln, auch dann weiter zu machen, wenn man nicht in einer Hochphase ist, es nicht vorangehen will. Man muss sich immer wieder hinsetzen und sich mit dem, was man schreibt auseinandersetzen, ganz ähnlich wie ein Sportler trainieren muss, um seine Kondition halten zu können. Wichtig ist auch, dass man sich nicht an bestimmte Arbeitsmittel (Programme, Schreib-Techniken, Konventionen, Hardware) bindet, sondern in der Lage bleibt, mit dem, was man gerade zur Hand hat, weiterzuarbeiten. – Um ein weiteres Analogon zu bemühen: Ein schickes Outfit macht Dich noch nicht zu einem Sportler, ebenso wenig wie ein kostspieliger Computer oder ein teures Schreibprogramm Dich zu einem Schriftsteller macht.

Letztendlich ist es völlig gleich, welche äußeren Mittel zur Verfügung hat, um sich auszudrücken. Man kann auch Gedichte mit einem Stück Holzkohle auf eine Wand kritzeln, mit einem Bleistift auf einen Fetzen Papier schreiben. Und selbst wenn einem alle anderen Mittel genommen werden, so findet die Kreativität einen Weg, ihre Botschaft nach außen zu bringen, solange nur der feste Wille da ist etwas zu erschaffen. Es mag sich die äußere Form ändern, aber nichts kann eine kreative Person davon abhalten, kreativ zu sein, es sei denn, man zerstört diese Person selbst. Die Kreativität selbst ist aber nicht an äußere Mittel gebunden, sondern etwas, dass den Menschen innewohnt.