Sonntag, 3. Juni 2007

Wolfgang Hohlbein: Wyrm

Habe Wolfgang Hohlbeins "Wyrm" gelesen und als enttäuschend empfunden. Das Buch ist leicht zu lesen -- soviel zum Positiven. Die Sprache ist eingängig, aber ohne Tiefgang. Für den unbedarften Leser mag das Setting in Neuengland interessant erscheinen. Für den mit Lovecraft vertrauten Leser ist damit schon zu Beginn der Erzählung der weitere Weg vorgegeben: Der Protagonist zieht in das Hinterland von Providence, entdeckt obskure Dörfler, die heidnischen Riten huldigen und ein Wesen aus einer fremden Dimension anbeten. Schließlich sterben alle Beteiligten bis auf den Protagonisten. Das ist alles schon mal dagewesen und kann nicht wirklich begeistern. Auch die anderen Elemente der Story entpuppen sich als Versatzstücke aus den Erzählungen Lovecrafts -- die Farm, auf der verkrüppelte Menschen leben, die verfluchte Kirche (bei H. P. Lovecraft in "the shining trapezoedon"), die Wurmähnlichen, außerirdischen Kreaturen, die zyklopische Stadt mit ihren verzerrten Winkeln und Proportionen (R'lyeh in "Cthulhus Ruf") -- das alles lässt sich in den Erzählungen des Horrorliteraten aus Providence finden. Doch wo Lovecrafts Schilderungen das Schreckliche nur andeuten und es so um so lebendiger hervortreten lassen, bleiben die Schilderungen Hohlbeins platt und ausdrucksschwach.
Aber woran liegt das? Lovecraft hat m. E. neben seiner Sprache ein Gefühl für das richtige Timing. D. h. er weiß, wann er die Beschreibung des Unfassbaren im Diffusen lassen muss.
Zwar beschreibt minutiös den Weg des Protagonisten hin zum Unfassbaren, wenn dieses aber eintritt, z. B. in Form eines der Götter des Cthulhu-Mythos, dann verzichtet er auf eine detaillierte Beschreibung, deutet an und lässt die Protagonisten von ihren Eindrücken sprechen -- ein Beispiel dafür ist übrigens die "Dunwich Horror"-Erzählung, die vom Grundprinzip ganz ähnlich aufgebaut ist wie die Hohlbeins (Forscher entdecken mysteriöse Vorgänge in einem Neuengland-Dorf, es gibt seltsam verkrüppelte Bewohner, die mehr zu wissen scheinen, als sie sagen, es gibt eigenartige Spuren, am Ende taucht ein gigantisches, unsichtbares Wesen auf).
Der Unterschied in beiden Erzählungen liegt darin, dass der Leser in Lovecrafts Erzählung lediglich den Bericht des Augenzeugen zur Hand hat, sich aber seinen eigenen Reim auf die Erscheinung des Monsters machen muss, während in Hohlbeins Text der Wyrm unmittelbar durch den Erzähler (der dort mehr eine Erzählfunktion ist) beschrieben wird. Dadurch verliert er eine Menge von der mysteriösen Aura, die er vielleicht hätte haben können. So ist er lediglich ein großer Wurm mit eiternden Schwären, der zudem Jahrhunderte in einem Erdwall rund um eine Hinterwäldler-Farm geschlafen hat. -- eine erbärmliche Kreatur verglichen mit den Wesen, die er zu kopieren versucht.
Durch die unmittelbare Beschreibung wird er fassbar, und so bleibt der Wyrm das was er ist, nichts weiter als ein großer Wurm. Das ist auch generell das Problem des Wyrm-Romans. Statt das Unfassbare nur anzudeuten, beschreibt er es mit plattem Realismus, was bewirkt, dass die gesamte Erzählung so viel Mysterium enthält wie ein alter Autoreifen. Dazu kommt die Sprache, die anschaulich ist, aber nicht mehr als das. Alles in allem ist der "Wyrm" ein Roman, der ebenso schnell gelesen wie vergessen ist -- geistiges Fast Food, das einen nicht satt macht, sondern ein leeres Gefühl hinterlässt.
Georg.

Dienstag, 29. Mai 2007

Der Anfang

Also, werter Leser, worum geht's?
In diesem Blog werde ich in loser Folge darüber Berichten, was ich im Moment lese. Es kann allerdings manchmal etwas dauern, bevor ihr neue Beiträge findet, was unter anderem mit meiner Arbeit im Verlag zusammenhängt. Was euch erwartet werden die Eindrücke sein, die ich von meiner Lektüre gewonnen habe. Und es werden Eindrücke sowohl von hoher wie auch von trivialer Literatur sein. Manches davon wird wohl auch dem literaturwissenschaftlich Vorgebildeten nicht fein genug sein. Aber ich denke, man sollte sich nie zu fein sein, um auch zu trivialen Dingen eine (begründete) Meinung zu haben.

Euer Georg.