Freitag, 30. Mai 2014

Fünf Tipps für Autoren


Ich freue mich immer wieder, wenn ich an interessanten Projekten mitarbeiten kann. Eines davon ist das Projekt 5 Tipps für Autoren, das Anja Bagus ins Leben gerufen hat. Worum geht es dabei? Jeder, der sich am Projekt beteiligt, berichtet in fünf kurzen Abschnitten, was er beim Schreiben seines aktuellen Buches gelernt hat. Und weil ich denke, dass Wissen zu teilen immer besser ist, als dieses für sich zu behalten, mache ich mit. doch zuerst einmal möchte ich euch kurz einen Vorgeschmack auf mein aktuelles Buch Jenseits der schwarzen Berge geben:


Gibt es die sagenhaften Königreiche jenseits der Berge? Welche Gefahren lauern in den finsteren Schluchten des Gebirges? Und warum verschwinden die Reisenden auf dem Weg dorthin, ohne jemals wiederzukehren?

Als Prinzessin Anaria von Tonolorn aus ihrer Heimatstadt aufbricht, um ins Unbekannte zu ziehen, ahnt sie noch nicht, dass sie die Antworten auf ihre Fragen schneller erhalten wird, als ihr lieb ist. Die Begegnung mit dem Schrecken, der in den Bergen lauert, lässt sie mit wenig mehr als ihrem Leben zurück. Doch im Dorf der Ucca findet sie Gefährten, die mutig genug sind, dem Schrecken entgegenzutreten und ihm ein Ende zu bereiten.

1. Organisiere dich!


In der Zeit, in der ich meine Magisterarbeit geschrieben habe (d.h. schon lange, bevor ich mit dem Schreiben von Jenseits der schwarzen Berge anfing), ist mir aufgefallen, dass ich mit einfach-drauflos-schreiben nicht mehr weiter komme. Ich hatte zwar immer wieder mit großen Erzählungen angefangen, aber jeder dieser Versuche ist dann irgendwie im Sande verlaufen.

Bei der Magisterarbeit ging das natürlich nicht und so musste ich einen Weg finden, die Sache besser zu organisieren. Es hat sich für mich als brauchbarer Weg erwiesen, zu jedem Projekt eine Mindmap anzulegen, sobald ich die grundsätzliche Idee für das zu bearbeitende Thema gefunden habe. Für Jeseits der schwarzen Berge sieht das so aus:

Die Mindmap zu »Jenseits der schwarzen Berge«


Die Mindmap dient mir dabei als Mittel, um meine Gedanken zu ordnen und die Möglichkeiten auszuloten, die das Thema bietet (Von Mindmaps als Gedächtnisstütze halte ich dagegen nichts, aber das ist ein anderes Thema). Ist die Mindmap fertig, »übersetze« ich das Ganze in eine Gliederung bzw. das Grundgerüst für einen Plot, an dem ich mich entlanghangele, um zum Beispiel Materialien zu sammeln bzw. Notizen zu machen.

Daraus ergeben sich zwei Vorteile für mich: Erstens habe ich so bereits den Weg vor mir, den ich gehen möchte und zweitens kann ich so abschnittsweise vorgehen, so dass ich an einzelne Teile des Textes bearbeiten und bei Bedarf von einem Abschnitt zu einem anderen wechseln kann (z.B. wenn es an einer Stelle hakt).

Generell hat es sich für mich als hilfreich erweisen, mir Ziele zu setzen. D.h. nicht, dass sich diese Ziele auch eins zu eins verwirklichen lassen, aber darum geht es auch nicht. Das Wissen allein, ein Ziel vor Augen zu haben, sorgt schon für Orientierung. Was ich mir abgewöhnt habe, ist, mir feste Daten zu setzen, weil immer genug passiert, um auch den besten Plan aus den Bahnen zu werfen (und ich meine damit nicht die Frage, ob es heute Pizza oder Spaghetti geben soll). Stattdessen setze ich mir Meilensteine, mache eine Art To Do-Liste, auf der steht, welche Ziele ich als nächstes erreichen möchte und welche Schritte ich dafür zuvor getan haben muss. So kann ich nach und nach abhaken, welche Schritte ich schon auf dem Weg zu meinem Buch erledigt habe.

Und schließlich versuche ich, für meine Arbeit an den Texten Ordnung zu halten (was mir schwerfällt). Um erst gar nicht in die Versuchung zu kommen, schlunzig zu sein, versuche ich, alle Materialien und Daten an einem Ort zu sammeln. Für jedes Projekt richte ich einen eigenen Festplatten-Ordner ein, der mit dem Namen des Projektes benannt ist. Dazu gibt es eine physische Mappe, in der alles landet, was sich nicht auf der Festplatte abspeichern lässt. Ausserdem habe ich in meinem Bücherregal eine feste Ecke, in der alle Bücher stehen, die ich für mein Projekt brauche.

2. Wenn der Perfektionismus um die Ecke schaut, erschieße ihn.


Man könnte jetzt denken, dass ich einen Hang zum Perfektionismus habe, aber das ist nicht der Fall. Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen »Gut sein« und »Zum Perfektionismus neigen«. Der Versuch, perfekt sein zu wollen, führt nämlich direkt in die Schreibblockade und sonst nirgendwohin.
Ich mache mir zwar vor dem Schreiben viele Gedanken, wohin die Reise gehen soll, denn gut achtzig Prozent der Arbeit stecken in der Recherche und Vorbereitung, aber wenn ich schreibe, versuche ich, einfach alles, was mir gerade zu meinem Thema einfällt, herunterzuschreiben, ganz gleich, was ich in diesem Moment davon halte. Ich schreibe dazu jeden Text mit der Hand vor (diesen übrigens auch) und benutze dafür ganz klassisch China-Kladden, die den Vorteil haben, dass man nachher keine verlorenen Zettel suchen muss. Das muss man natürlich nicht so halten, aber mir gibt es das Gefühl, konzentrierter am Text zu arbeiten.

Wichtig ist für mich, dass ich auch dann weiterscheibe, wenn ich den Eindruck habe, dass das, was ich gerade schreibe, gequirrlte Kacke ist. Und wenn mir nichts Besseres mehr einfällt, dann schreibe ich genau darüber, dass mir nichts Besseres mehr einfällt. Meist hilft das, den Bann zu lösen und im Nachhinein stellt sich heraus, dass das Geschreibsel doch nicht so schlecht war.

Es gibt auch Momente, wo man wissen muss, wann man aufhört. Es kommt irgendwann der Punkt, an dem man den Text durch feilen hier und da noch besser machen könnte, aber letztendlich alles Feilen am Text keine wirkliche Verbesserung mehr bringt. Dann sollte man sehen, dass man sein »Kind« in die Welt entlässt.

3. Transpiration kommt vor Inspiration.


Ich habe hier auf Literatura Fragmentata schon oft geschrieben, dass es genauso gut auf das Durchhaltevermögen ankommt wie auf die Inspiration. Dass ist eine der Erfahrungen, die man meiner Meinung nach im Laufe der Zeit einfach machen muss.

Wie oft höre ich, dass irgendwelche Leute stolz davon erzählen, dass sie stundenlang über einem Satz oder Wort gebrütet haben, bis bei ihnen die »Inspiration« eingeschlagen hat. Je nach Gemütszustand muss ich dann schmunzeln oder mir innnerlich mein Frühstück durch den Kopf gehen lassen, denn »Auf die Inspiration warten« ist in meinen Augen nichts anderes als eine Ausrede dafür, sich vor dem Schreiben zu drücken.

Als gutes Heilmittel für solche Allüren hat sich in meinem Fall die Arbeit als Journalist erwiesen. Denn wenn du als Journalist auf die Inspiration wartest, hat das nur einen Effekt: Du bist nicht im Heft! Aus. Das war's. Ende. Also schreibst du, ganz gleich ob du dich »inspiriert« fühlst oder nicht. Der Rest ist Gehirnf... für Leute, die eine Ausrede suchen, warum sie ihre Arbeit nicht hinbekommen haben.

Ich bin der festen Überzeugung, dass Training auf lange Sicht Talent schlägt. Ein mittelmäßiger, aber fleißiger Autor kann passable Texte schreiben und ebenso erfolgreich sein wie ein talentierter, der aber seinen Hintern nicht hochkriegt. Das größte Talent bringt nichts, wenn man es nicht pflegt und benutzt. Man muss seine Fähigkeiten kultivieren, wenn man etwas wirklich Gutes zustande bringen will. Und man braucht Durchhaltevermögen, die Fähigkeit, auch dann weiterzumachen, wenn alle sagen, »Lass es!«, wenn die Hater an die Tür klopfen oder trotz aller Mühen und Werbung die Buchverkäufe nicht einmal ausreichen, um sich davon eine Pizza zu holen.

Genauso darf man sich nicht davon aufhalten lassen, wenn einem das Leben übel mitspielt. Selbst wenn es versucht, dich hinunterzudrücken, wirst du nicht brechen, sondern weitergehen. Es wird länger dauern als du denkst, aber du gelangst an dein Ziel. Wenn du den festen Willen hat, etwas zu erreichen, dann wird es gelingen, ganz gleich, wer oder was sich dir in den Weg stellt.

4. Lerne, mit deinen Werkzeugen umzugehen.


Mir war immer wichtig, die Dinge, die ich tue, richtig zu machen – nicht perfekt, aber so, dass ich am Ende sagen kann »Gut gemacht!«. Dazu gehört für mich nicht nur, dass ich mir Gedanken darum mache, wie ich ein Projekt aufziehe, sondern auch, dass ich die Werkzeuge kenne, die ich verwende. 
Ich finde es gruselig, wenn ich sehe, dass viele ihren Computer benutzen wie eine Schreibmaschine und sich nicht damit auseinandersetzen, was man zum Beispiel mit der Textverarbeitung sonst noch machen kann. Ein typisches Beispiel dafür sind Manuskripte, in denen die Formatvorlagen nach Optik benutzt werden. Da wird dann die Vorlage für die Überschriften für den Fettdruck benutzt, oder die für die Kopfzeilen für die Überschrift usw. Oder es wird für jede Überschrift ein neues Format angelegt, bzw. die Vorlagen werden erst gar nicht verwendet.

Gerade Selbstverleger sollten sich mit den Möglichkeiten, die der Computer bietet, vertraut machen, damit sie ein ordentliches Produkt abliefern. Die Mittel dazu zu finden, ist nicht schwer und in der Regel auch nicht teuer – wenn man sich ein wenig umschaut, kann man die gesamte Produktionskette vom Schreiben bis zum Layout mit Open Source-Software erledigen, ohne einen Qualitätsverlust gegenüber teurer Kaufsoftware hinnehmen zu müssen.

Oft höre ich dann das Argument, »Ja, aber dann muss ich mich ja da erst reinarbeiten, dass kostet mir aber zu viel Zeit, da möchte ich doch lieber schreiben und mach mir keine Gedanken darüber.«. Wer so argumentiert, vergisst, dass ein Buch nicht dann fertig ist, wenn man das letzte Wort getippt hat. Wenn ein Buch ordentlich gemacht sein soll, dann muss man sich um solche Dinge Gedanken machen, sonst kommt nur eines dabei heraus: Ein schlechtes Buch.

5. Vernetze dich!


Es gibt ja durchaus viele Autoren, die glauben, dass man allein am besten durch die Welt kommt und man sich mit allen Mitteln gegen die »Konkurrenz« durchsetzen muss.

Ich glaube das nicht.

Der Buchmarkt funktioniert so nicht. Wenn zum Beispiel jemand gerne Fantasy liest, dann wird er sich nicht für das eine oder andere Buch entscheiden, sondern nach dem einen ein weiteres aus dem selben Bereich kaufen. D. h. gerade für Selfpublisher, dass die Kooperation mit Kollegen nicht dazu führt, dass man sich gegenseitig das Wasser abgräbt, sondern man sich im Gegenteil einander unterstützen kann, z. B. durch gegenseitiges Empfehlen.

Es ist so, wie Heinz von Förster gesagt hat, als er den konstruktivistischen Imperativ formuliert hat: »Handle stets so, das sich die Wahlmöglichkeiten [aller] erweitern!« Man könnte das auch als Rule of Empowerment bezeichnen, die Regel, dass ein Einzelner nur wenig ausrichten kann, wärend Kooperation zwischen Individuen die Möglichkeiten jedes Einzelnen stark erweitert (Darin liegt auch der Unterschied zwischen kooperativen und autoritären Zusammenschlüssen. In der Kooperation haben alle etwas davon, in der autoritären Ausrichtung, werden dagegen alle Beteiligten auf ein Ziel eingeschränkt).

Dadurch, dass ich mit anderen kooperiere, gebe ich mein Wissen, meine Fähigkeiten und meine Handlungsmöglichkeiten an andere weiter und erhalte dasselbe zurück. Wichtig ist aber dabei, sich selbst nicht dabei zu vernachlässigen. Wer immer nur gibt, wird ausgebeutet. Als goldene Regel kann man vielleicht festhalten: »Sei hilfreich für andere, ohne dich selbst dabei zu vergessen«.

Man muss allerdings darauf achten, dass man mit Leuten zusammenarbeitet, die ein wirkliches Interesse an Kooperation haben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich vor Leuten hüten sollte, die fertige Rezepte für alles haben. Solche, die gerne sagen, wo's langgeht, die jedem zuerst einmal erklären müssen, wie toll sie doch sind oder denen alles, was sie nicht selbst machen, nicht gut genug ist.

Ich glaube, das jemand, der wirklich gut ist, eine Meinung hat, ohne diese Anderen aufdrängen zu müssen, eine Meinung, die nicht in Stein gemeißelt ist. Jemand, der sagen kann, »Ja, du hast recht«, wenn er selbst falsch liegt. Es geht eigentlich immer darum, ein echtes Interesse daran zu haben, mit Anderen zusammenzuarbeiten, denn Erfolg hat letztendlich nichts damit zu tun, dass man sich vor anderen produziert, sondern eher damit, dass man mit anderen eine Gemeinschaft von Leuten aufbaut, die sich gegenseitig voranbringen.

Man braucht sich nur ein wenig in der Literaturgeschichte umschauen, um zu sehen, dass viele Autoren, die bekannt wurden, Teil einer Gruppe von ähnlich guten Schriftstellern waren. Goethe, Kafka, Hemmingway, Mann, Tolkien und viele andere waren nur der herausragende Teil solcher Gruppen von Autoren, die sich gegenseitig unterstützt haben. Die Vorstellung vom Genie, das große Kunst im stille Kämmerlein schafft ist nichts weiter als das: Eine romantische Vorstellung.

Deswegen lohnt es sich, sich mit anderen Autoren zusammenzutun, statt im stillen Kämmerlein vom Geniestreich zu träumen.

Sonntag, 18. Mai 2014

Der Omnibus-Effekt, Teil II


In meinem Leben habe ich schon oft ein Phänomen beobachtet, dass ich für mich den »Omnibus-Effekt« genannt habe. – Gemeint ist der Hang vieler Menschen, nicht die Beste, sondern die erstbeste Lösung zu wählen. Im Bus wird das besonders deutlich, wenn sich nach dem Einsteigen die Passagiere in einer Traube hinter der Tür sammeln, statt in die Leeren Gänge zu gehen – deswegen die Bezeichnung »Omnibus-Effekt«. Doch auch beim Schreiben kann man ähnliche Effekte beobachten. Nachdem sich der erste Teil des Artikels mit den technischen Aspekten des Ganzen beschäftigt hat, geht es heute um die psychologisch-inhaltliche Seite.

Bevor es aber zum eigentlichen Inhalt des Posts geht, möchte ich kurz auf einen Kommentar eingehen, der als Reaktion auf den ersten Teil eingegangen ist und der als Einstieg in das Thema dienen soll. Anonymus hatte geschrieben:

Der Omnibus-Effekt - dieses auffällige Zusammenballen an der Tür und das sehr zögerliche Ausbreiten entlang des Ganges - ist der Beobachtung geschuldet, dass man ja auch wieder aussteigen will und sich dann jeden Meter zurück an die Tür kämpfen muss. Was in einem vollen Bus (oder einer Straßenbahn) problemlos dazu führt, dass man erst eine Haltestelle später das Fahrzeug verlassen kann. Wer dann auch noch auf die Frage “‘Tschuldigung, ich muss hier aussteigen, könnten Sie mich wohl durchlassen?” die Antwort hörte: “Das ist ja wohl nicht MEIN Problem!” - der wird in Zukunft wie angewurzelt an der Tür stehen bleiben.

Ich hatte Anonymus darauf geantwortet, dass es – wie Heidi Klum sagen würde – auf die Attitude ankommt, d.h. die Haltung, mit der ich an die Sache herangehe. Es ist nicht nur wichtig, was man sagt, sondern wie man es sagt.

Der zentrale Fehler, den Anonymus gemacht hat war m. E., seinen Wunsch in eine Bitte zu verpacken. Dadurch hat er den Angesprochenen die Wahl gelassen, auf die Bitte zu reagieren oder – wie in diesem Fall – auch nicht. Man kann ein »Entschuldigung!« durch Stimme und Haltung auch so vermitteln, dass es von einer Bitte zur Aufforderung wird. Falls einem das gelingt, wird man von den Leuten auch durchgelassen. Das heißt aber nicht, dass man aggressiv auftreten muss. Es geht nur darum, bestimmt aufzutreten (Wer schon mal hier im Blog herumgestöbert hat, weiß, dass eines meiner philosophischen Steckenpferde der Buddhismus ist). Wenn man es blumig umscheiben will, geht es mehr darum, Obi-Wan zu sein als Darth Vader :-).

Das führt uns zum eigentlichen Thema zurück:

Angst als Grund, etwas nicht zu wagen


Einer der offensichtlichsten Gründe, die erstbeste statt einer besseren Lösung zu nehmen, ist Angst. Im Falle des Busses ist es die Furcht, nicht rechtzeitig wieder aus dem Fahrzeug herauszukommen, aber auch beim Schreiben kann einen eine ganz ähnliche Angst überfallen, nämlich die Angst, dass die Leser den Text nicht annehmen.

Die Folge ist in beiden Fällen, dass man in der Gruppe bleibt, im Gewöhnlichen verharrt, nichts wagt und so das tut, was alle anderen auch tun. So kommt es, dass die Welt mit Greys, Harrys und Frodos überschwemmt wird und immer wieder die gleichen Handlungsschemata durch den Text getrieben werden (SM-Sex mündet in romantischer Liebe – E.L. James / ein ganz gewöhnlicher Junge entdeckt, dass er etwas Besonderes ist – J.K. Rowling / Ein Held, der von seiner Bestimmung nichts ahnt, ist von den Göttern dazu ausersehen, mit seinen Kumpels loszuziehen, um die Welt zu retten – J.R.R. Tolkien).

Viele Autoren bleiben so auf der vermeintlich sicheren Seite, was aber zur Folge hat, dass sich die Leser gelangweilt von dem Buch abwenden. Wenn ich zum Beispiel am Anfang des Buches »Er/Sie war ein ganz gewöhnliche(r) Junge/Mädchen von X Jahren …«, dann lege ich es gleich wieder weg. Genauso geht es mir bei Fantasy-Romanen, wenn schon auf dem Klappentext »Held X ahnt noch nichts von seinem Schickal, doch er ist von den Göttern auserkoren, den dunklen Lord Y zu stürzen…«, steht. Dann denke ich mir nicht schon wieder ein Aushilfs-Tolkien! und lege auch hier das Buch ungelesen auf den Bücherstapel zurück.

Über die Grenzen hinausgehen


Ausgerechnet E.L. James, deren Stil ich persönlich unterirdisch finde, ist ein gutes Beispiel dafür, dass es sich lohnen kann, über die Grenzen des eigenen Genres hinauszugehen. Die Vorstufen von Fifty Shades of Grey haben das Licht der Welt zunächst als Fan-Fiction im Rahmen des »Biss zum …«-Universums erblickt. Den Leuten im Forum waren aber die Stories von James zu anzüglich (gut, selbst Graf Zahl ist erotischer als Edward Cullen), so dass sie aus diesem herausgeworfen wurde. Doch statt aufzugeben hat sie alle Hinweise auf Vampire aus ihrer Story gestrichen und den Roman als Indie-Autor veröffentlicht. Was war die Folge: Sie hat zwar das Forum verloren, dafür aber einen Welterfolg gelandet.

Ein anderes Beispiel ist Peter Wawerzinek, Ingeborg-Bachmann-Preisträger: Wer sich seine ersten Bücher, z.B. Nix oder Moppel Schappiks Tätowierungen anschaut, würde nie darauf kommen, dass dieser Mann einmal einen der größten deutschen Literaturpreise gewinnen würde. In den meisten Schreibforen wäre er vermutlich glatt durchgefallen, weil diese Texte weder eine klare Struktur, noch eine einheitliche Perspektive haben und sich gegen so ziemlich jede Konvention stemmen, die einem in den Schreibratgebern immer wieder vorgebetet werden. Dabei ist die Schreibe selbst virtuos.

Wie kann man es besser machen?


Man muss nicht wie Wawerzinek alles völlig anders machen, aber es lohnt sich, die Grenzen des eigenen Genres auszukundschaften, um dann zu schauen, was man anders machen kann. Man braucht den Mut, mit dem Material Sprache zu exprimentieren.

Natürlich kann man damit auch auf die Nase fallen, aber wenn man nicht fällt, gewinnt man ein ganzes Bündel neuer Möglichkeiten. Man muss auch den Mut finden, einfach auch Dinge zu schreiben, die in den Augen Anderer »Schwachsinn, Scheiß, Unmögliches und Schlechtes« sind. Erst wenn ich bereit bin, etwas auszuprobieren, habe ich die Chance, die Dinge auf eine neue, ungewöhnliche Art und Weise zu machen. Die Alternative ist das literarische Äquivalent zu Tütensuppe: schmeckt fade, aber man weiß, was man hat.

Steve Jobs ist ein gutes Beispiel dafür, dass es sich lohnt, die Dinge anders zu machen: Er hat den Computer nicht neu erfunden. Alle Teile, die in einem Apple stecken, finden sich auch in anderen Rechnern (Der beste Beweis dafür ist, dasss man Mac OS mit etwas Gefummel auf jedem PC installieren kann). Der Unterschied zwischen dem, was die Allgemeinheit und dem, was Steve Jobs getan hat, liegt in der Herangehensweise. Jobs hat es verstanden, aus dem Computer einen Gegenstand zu machen, den jeder in seinem Alltag benutzen kann, und das zu einer Zeit, als man auf winzigen Bildsschirmen kryptische Befehle in Kommandozeilen eingeben musste. Er hat die Perspektive gewechselt und den Computer aus der Anwendersicht betrachtet, während seine Konkurrenten noch darauf bedacht waren, die technische Leistung ihrer Geräte zu steigern (mehr vom Selben!). Diesem Perspektivwechsel (think different!) hat es Apple zu verdanken, dass es noch heute erfolgreich ist.

In diesem Sinne bleibt mir nur noch ein Bonmot als Schlusswort:

Das Schaf, dass sich von der Herde entfernt, mag von den Wölfen gefressen werden, aber vielleicht findet es auch eine saftige, grüne Wiese, während der Rest der Herde immer noch auf denselben zertrampelten, braunen Grasstoppeln kaut, die keinem schmecken.

Ich wünsche euch Mut und kreative Gedanken!

(Und vergesst nicht, den Artikel zu kommentieren und zu teilen!)

Montag, 12. Mai 2014

Projektpause

Eigentlich hatte ich euch im letzten Teil des Omnibus-Effekt-Posts versprochen, möglichst bald die Fortsetzung des Artikels zu präsentieren.  Das ist nicht geschehen. Warum?

Anfang Mai ist mein Großvater gestorben und meine Großmutter musste kurz danach ins Krankenhaus.

Wenn ich mich wieder etwas gefangen habe, werde ich euch den Post nachliefern, aber im Moment ist mir nicht danach,  an meinen Projekten weiterzuarbeiten. Vielleicht wird es zum Monatsende wieder etwas,

Euer Georg