Gerade wenn man ein großes Projekt wie ein Buch startet, stößt man mit der Methode, einfach draufloßzuschreiben schnell an Grenzen - bestenfalls kommt ein schlechtes Buch dabei heraus. Meist ist es so, dass man, sofern man sich die Arbeit nicht schon vorher gemacht hat, spätestens bei den ersten Überarbeitungen beginnt, an der Struktur des Textes herumzufeilen. Die Kanban-Methode ist ein praktisches Hilfsmittel dafür, wie man bei einem großen Buchprojekt den Überblick behält.
Kanban wurde von Toyota erfunden, um den Produktionsprozess ihrer Autos möglichst effizient und hochwertig zu gestalten. Grund war, dass in Japan Platz kostbar ist und die Lagerhaltung daher möglichst klein gehalten werden sollte. Da aber ein kleines Lager bedeutet, dass man nur wenige Teile als Ersatz für Ausfälle hat, musste Ausschuss so weit wie möglich vermieden werden. Dies wurde dadurch erreicht, dass die Produktion jedes Autos in einzelne Prozessschritte aufgeteilt wurde, die man auf eine Karte (Kanban) vermerkte. Nach jeder Station wurde der jeweilige Prozessschritt abgehakt, so dass jeder auf einen Blick sehen konnte, wie weit das Stück in der Produktion vorangekommen war.
Was haben Autos mit Büchern am Hut?
Wie aber kommt man vom Auto auf das Buch? Der Weg führt über das Aufteilen des Prozesses in Stationen. Ein Roman lässt sich zum Beispiel folgendermaßen aufteilen:
Erstes Konzept -> Recherche/Ideensammlung -> Rohentwurf -> Erste Revision -> zweite Revision ... nte Revision -> Lektorat -> Layout -> Korrektur der Druckfahnen -> Druck.
Eine andere Variante ist, das ganze so zu differenzieren, dass man den Prozess nicht für das ganze Buch sondern für einzelne Kapitel einrichtet. Das macht besonders dann Sinn, wenn man ein großes Projekt in Angriff genommen hat oder mit vielen an einem solchen arbeitet (bspw. bei einer Anthologie). Das folgende Bild zeigt den Prozess für die Abläufe in einer Zeitschriftenredaktion, es lässt sich aber ohne weiteres auch auf andere Projekte übertragen.
Personal Kanban mit asana.com |
HI FI und LO FI
Im links gezeigten Bild nutze ich die Web-App asana.com. Diese bietet einen kostenlosen Zugang für bis zu 15 Mitarbeiter bei einer unbegrenzten Anzahl von Projekten. Entscheidend ist aber, dass man die Tasks sogenannten Sektionen zuordnen kann. Aufgeteilt ist das Ganze nach Autoren, die als einzelne Tasks unter die jeweilige Sektion eingeordnet werden. Hat einer der Artikel einen der Arbeitsschritte hinter sich, wird er einfach in die nächste Sektion verschoben, so dass man immer auf dem aktuellen Stand ist, wo in der Produktionskette die Texte gerade stehen. Daneben lassen sich Abgabetermine und weitere Informationen dem einzelnen Artikel zuweisen, auf die dann die Mitarbeiter des Projekts zugreifen können. Man kann sogar Dateien an einen Task anhängen.
Wem Webanwendungen suspekt sind, oder wer eine Low-Tech-Variante (ausfallsicher!) vorzieht, kann Kanban aber auch ganz simpel mit einfachsten Mitteln umsetzen. Dazu braucht man z. B. nicht mehr als eine einigermaßen große Pinnwand, Zettel und Heftzwecken. Die Pinnwand unterteilt man in die einzelnen Prozessschritte, auf die Zettel wird die jeweilige Aufgabe geschrieben. Dieser wird dann an die Wand gepinnt. Mit jedem Schritt, den eine Aufgabe vollendet hat, wandert der Zettel eine Station weiter.
Ein selbstgebasteltes Kanban-Board |
Natürlich kann man sich noch weitere Varianten denken, zum Beispiel eine Tafel, ein Flipchart, auf dem man die Stationen abhakt, oder ein Whiteboard mit Markern für die, die es gerne groß mögen. Letztendlich ist das Prinzip so flexibel, dass sich jeder die zu ihm passende Umsetzung aussuchen kann.
Ein gewisses Maß an Ordnung und Durchhaltewillen vorrausgesetzt, hat man so jederzeit den Überblick, wo das Projekt gerade steht. Das es funktioniert, weiß ich aus meiner praktischen Arbeit, wo es mir jeden Monat dabei hilft, nicht den Überblick über bis zu dreißig oder mehr Artikel pro Heft (das sind umgerechnet etwa 300 Schreibmaschinenseiten pro Monat) zu verlieren.
1 Kommentar:
Eine sehr gute Idee. Den Überblick zu behalten und keine Termine zu versäumen, kann sonst wirklich schwierig werden. Danke für die Vorstellung der Technik.
Kommentar veröffentlichen