Ich freue mich immer wieder, wenn ich an interessanten Projekten mitarbeiten kann. Eines davon ist das Projekt 5 Tipps für Autoren,
das Anja Bagus ins Leben gerufen hat. Worum geht es dabei? Jeder, der
sich am Projekt beteiligt, berichtet in fünf kurzen Abschnitten, was er
beim Schreiben seines aktuellen Buches gelernt hat. Und weil ich denke,
dass Wissen zu teilen immer besser ist, als dieses für sich zu behalten,
mache ich mit. doch zuerst einmal möchte ich euch kurz einen
Vorgeschmack auf mein aktuelles Buch Jenseits der schwarzen Berge geben:
Gibt es die sagenhaften Königreiche jenseits der Berge? Welche
Gefahren lauern in den finsteren Schluchten des Gebirges? Und warum
verschwinden die Reisenden auf dem Weg dorthin, ohne jemals
wiederzukehren?
Als Prinzessin Anaria von Tonolorn aus ihrer Heimatstadt aufbricht,
um ins Unbekannte zu ziehen, ahnt sie noch nicht, dass sie die Antworten
auf ihre Fragen schneller erhalten wird, als ihr lieb ist. Die
Begegnung mit dem Schrecken, der in den Bergen lauert, lässt sie mit
wenig mehr als ihrem Leben zurück. Doch im Dorf der Ucca findet sie
Gefährten, die mutig genug sind, dem Schrecken entgegenzutreten und ihm
ein Ende zu bereiten.
1. Organisiere dich!
In der Zeit, in der ich meine Magisterarbeit geschrieben habe (d.h. schon lange, bevor ich mit dem Schreiben von Jenseits der schwarzen Berge
anfing), ist mir aufgefallen, dass ich mit einfach-drauflos-schreiben
nicht mehr weiter komme. Ich hatte zwar immer wieder mit großen
Erzählungen angefangen, aber jeder dieser Versuche ist dann irgendwie im
Sande verlaufen.
Bei der Magisterarbeit ging das natürlich nicht und so musste ich
einen Weg finden, die Sache besser zu organisieren. Es hat sich für mich
als brauchbarer Weg erwiesen, zu jedem Projekt eine Mindmap anzulegen,
sobald ich die grundsätzliche Idee für das zu bearbeitende Thema
gefunden habe. Für Jeseits der schwarzen Berge sieht das so aus:
Die Mindmap zu »Jenseits der schwarzen Berge« |
Die Mindmap dient mir dabei als Mittel, um meine Gedanken zu ordnen
und die Möglichkeiten auszuloten, die das Thema bietet (Von Mindmaps als
Gedächtnisstütze halte ich dagegen nichts, aber das ist ein anderes
Thema). Ist die Mindmap fertig, »übersetze« ich das Ganze in eine
Gliederung bzw. das Grundgerüst für einen Plot, an dem ich mich
entlanghangele, um zum Beispiel Materialien zu sammeln bzw. Notizen zu
machen.
Daraus ergeben sich zwei Vorteile für mich: Erstens habe ich so
bereits den Weg vor mir, den ich gehen möchte und zweitens kann ich so
abschnittsweise vorgehen, so dass ich an einzelne Teile des Textes
bearbeiten und bei Bedarf von einem Abschnitt zu einem anderen wechseln
kann (z.B. wenn es an einer Stelle hakt).
Generell hat es sich für mich als hilfreich erweisen, mir Ziele zu
setzen. D.h. nicht, dass sich diese Ziele auch eins zu eins
verwirklichen lassen, aber darum geht es auch nicht. Das Wissen allein,
ein Ziel vor Augen zu haben, sorgt schon für Orientierung. Was ich mir
abgewöhnt habe, ist, mir feste Daten zu setzen, weil immer genug
passiert, um auch den besten Plan aus den Bahnen zu werfen (und ich
meine damit nicht die Frage, ob es heute Pizza oder Spaghetti geben
soll). Stattdessen setze ich mir Meilensteine, mache eine Art To
Do-Liste, auf der steht, welche Ziele ich als nächstes erreichen möchte
und welche Schritte ich dafür zuvor getan haben muss. So kann ich nach
und nach abhaken, welche Schritte ich schon auf dem Weg zu meinem Buch
erledigt habe.
Und schließlich versuche ich, für meine Arbeit an den Texten Ordnung
zu halten (was mir schwerfällt). Um erst gar nicht in die Versuchung zu
kommen, schlunzig zu sein, versuche ich, alle Materialien und Daten an
einem Ort zu sammeln. Für jedes Projekt richte ich einen eigenen
Festplatten-Ordner ein, der mit dem Namen des Projektes benannt ist.
Dazu gibt es eine physische Mappe, in der alles landet, was sich nicht
auf der Festplatte abspeichern lässt. Ausserdem habe ich in meinem
Bücherregal eine feste Ecke, in der alle Bücher stehen, die ich für mein
Projekt brauche.
2. Wenn der Perfektionismus um die Ecke schaut, erschieße ihn.
Man könnte jetzt denken, dass ich einen Hang zum Perfektionismus
habe, aber das ist nicht der Fall. Es gibt einen deutlichen Unterschied
zwischen »Gut sein« und »Zum Perfektionismus neigen«. Der Versuch,
perfekt sein zu wollen, führt nämlich direkt in die Schreibblockade und
sonst nirgendwohin.
Ich mache mir zwar vor dem Schreiben viele Gedanken, wohin die Reise
gehen soll, denn gut achtzig Prozent der Arbeit stecken in der Recherche
und Vorbereitung, aber wenn ich schreibe, versuche ich, einfach alles,
was mir gerade zu meinem Thema einfällt, herunterzuschreiben, ganz
gleich, was ich in diesem Moment davon halte. Ich schreibe dazu jeden
Text mit der Hand vor (diesen übrigens auch) und benutze dafür ganz
klassisch China-Kladden, die den Vorteil haben, dass man nachher keine
verlorenen Zettel suchen muss. Das muss man natürlich nicht so halten,
aber mir gibt es das Gefühl, konzentrierter am Text zu arbeiten.
Wichtig ist für mich, dass ich auch dann weiterscheibe, wenn ich den
Eindruck habe, dass das, was ich gerade schreibe, gequirrlte Kacke ist.
Und wenn mir nichts Besseres mehr einfällt, dann schreibe ich genau
darüber, dass mir nichts Besseres mehr einfällt. Meist hilft das, den
Bann zu lösen und im Nachhinein stellt sich heraus, dass das
Geschreibsel doch nicht so schlecht war.
Es gibt auch Momente, wo man wissen muss, wann man aufhört. Es kommt
irgendwann der Punkt, an dem man den Text durch feilen hier und da noch
besser machen könnte, aber letztendlich alles Feilen am Text keine
wirkliche Verbesserung mehr bringt. Dann sollte man sehen, dass man sein
»Kind« in die Welt entlässt.
3. Transpiration kommt vor Inspiration.
Ich habe hier auf Literatura Fragmentata schon oft geschrieben, dass
es genauso gut auf das Durchhaltevermögen ankommt wie auf die
Inspiration. Dass ist eine der Erfahrungen, die man meiner Meinung nach
im Laufe der Zeit einfach machen muss.
Wie oft höre ich, dass irgendwelche Leute stolz davon erzählen, dass
sie stundenlang über einem Satz oder Wort gebrütet haben, bis bei ihnen
die »Inspiration« eingeschlagen hat. Je nach Gemütszustand muss ich dann
schmunzeln oder mir innnerlich mein Frühstück durch den Kopf gehen
lassen, denn »Auf die Inspiration warten« ist in meinen Augen nichts
anderes als eine Ausrede dafür, sich vor dem Schreiben zu drücken.
Als gutes Heilmittel für solche Allüren hat sich in meinem Fall die
Arbeit als Journalist erwiesen. Denn wenn du als Journalist auf die
Inspiration wartest, hat das nur einen Effekt: Du bist nicht im Heft!
Aus. Das war's. Ende. Also schreibst du, ganz gleich ob du dich
»inspiriert« fühlst oder nicht. Der Rest ist Gehirnf... für Leute, die
eine Ausrede suchen, warum sie ihre Arbeit nicht hinbekommen haben.
Ich bin der festen Überzeugung, dass Training auf lange Sicht Talent
schlägt. Ein mittelmäßiger, aber fleißiger Autor kann passable Texte
schreiben und ebenso erfolgreich sein wie ein talentierter, der aber
seinen Hintern nicht hochkriegt. Das größte Talent bringt nichts, wenn
man es nicht pflegt und benutzt. Man muss seine Fähigkeiten kultivieren,
wenn man etwas wirklich Gutes zustande bringen will. Und man braucht
Durchhaltevermögen, die Fähigkeit, auch dann weiterzumachen, wenn alle
sagen, »Lass es!«, wenn die Hater an die Tür klopfen oder trotz aller
Mühen und Werbung die Buchverkäufe nicht einmal ausreichen, um sich
davon eine Pizza zu holen.
Genauso darf man sich nicht davon aufhalten lassen, wenn einem das
Leben übel mitspielt. Selbst wenn es versucht, dich hinunterzudrücken,
wirst du nicht brechen, sondern weitergehen. Es wird länger dauern als
du denkst, aber du gelangst an dein Ziel. Wenn du den festen Willen
hat, etwas zu erreichen, dann wird es gelingen, ganz gleich, wer oder
was sich dir in den Weg stellt.
4. Lerne, mit deinen Werkzeugen umzugehen.
Mir war immer wichtig, die Dinge, die ich tue, richtig zu machen –
nicht perfekt, aber so, dass ich am Ende sagen kann »Gut gemacht!«. Dazu
gehört für mich nicht nur, dass ich mir Gedanken darum mache, wie ich
ein Projekt aufziehe, sondern auch, dass ich die Werkzeuge kenne, die
ich verwende.
Ich finde es gruselig, wenn ich sehe, dass viele ihren Computer
benutzen wie eine Schreibmaschine und sich nicht damit
auseinandersetzen, was man zum Beispiel mit der Textverarbeitung sonst
noch machen kann. Ein typisches Beispiel dafür sind Manuskripte, in
denen die Formatvorlagen nach Optik benutzt werden. Da wird dann die
Vorlage für die Überschriften für den Fettdruck benutzt, oder die für
die Kopfzeilen für die Überschrift usw. Oder es wird für jede
Überschrift ein neues Format angelegt, bzw. die Vorlagen werden erst gar
nicht verwendet.
Gerade Selbstverleger sollten sich mit den Möglichkeiten, die der
Computer bietet, vertraut machen, damit sie ein ordentliches Produkt
abliefern. Die Mittel dazu zu finden, ist nicht schwer und in der Regel
auch nicht teuer – wenn man sich ein wenig umschaut, kann man die
gesamte Produktionskette vom Schreiben bis zum Layout mit Open
Source-Software erledigen, ohne einen Qualitätsverlust gegenüber teurer
Kaufsoftware hinnehmen zu müssen.
Oft höre ich dann das Argument, »Ja, aber dann muss ich mich ja da
erst reinarbeiten, dass kostet mir aber zu viel Zeit, da möchte ich doch
lieber schreiben und mach mir keine Gedanken darüber.«. Wer so
argumentiert, vergisst, dass ein Buch nicht dann fertig ist, wenn man
das letzte Wort getippt hat. Wenn ein Buch ordentlich gemacht sein soll,
dann muss man sich um solche Dinge Gedanken machen, sonst kommt nur
eines dabei heraus: Ein schlechtes Buch.
5. Vernetze dich!
Es gibt ja durchaus viele Autoren, die glauben, dass man allein am
besten durch die Welt kommt und man sich mit allen Mitteln gegen die
»Konkurrenz« durchsetzen muss.
Ich glaube das nicht.
Der Buchmarkt funktioniert so nicht. Wenn zum Beispiel jemand gerne
Fantasy liest, dann wird er sich nicht für das eine oder andere Buch
entscheiden, sondern nach dem einen ein weiteres aus dem selben Bereich
kaufen. D. h. gerade für Selfpublisher, dass die Kooperation mit
Kollegen nicht dazu führt, dass man sich gegenseitig das Wasser abgräbt,
sondern man sich im Gegenteil einander unterstützen kann, z. B. durch
gegenseitiges Empfehlen.
Es ist so, wie Heinz von Förster gesagt hat, als er den
konstruktivistischen Imperativ formuliert hat: »Handle stets so, das
sich die Wahlmöglichkeiten [aller] erweitern!« Man könnte das auch als
Rule of Empowerment bezeichnen, die Regel, dass ein Einzelner nur wenig
ausrichten kann, wärend Kooperation zwischen Individuen die
Möglichkeiten jedes Einzelnen stark erweitert (Darin liegt auch der
Unterschied zwischen kooperativen und autoritären Zusammenschlüssen. In
der Kooperation haben alle etwas davon, in der autoritären Ausrichtung,
werden dagegen alle Beteiligten auf ein Ziel eingeschränkt).
Dadurch, dass ich mit anderen kooperiere, gebe ich mein Wissen, meine
Fähigkeiten und meine Handlungsmöglichkeiten an andere weiter und
erhalte dasselbe zurück. Wichtig ist aber dabei, sich selbst nicht dabei
zu vernachlässigen. Wer immer nur gibt, wird ausgebeutet. Als goldene
Regel kann man vielleicht festhalten: »Sei hilfreich für andere, ohne
dich selbst dabei zu vergessen«.
Man muss allerdings darauf achten, dass man mit Leuten
zusammenarbeitet, die ein wirkliches Interesse an Kooperation haben. Ich
habe die Erfahrung gemacht, dass man sich vor Leuten hüten sollte, die
fertige Rezepte für alles haben. Solche, die gerne sagen, wo's langgeht,
die jedem zuerst einmal erklären müssen, wie toll sie doch sind oder
denen alles, was sie nicht selbst machen, nicht gut genug ist.
Ich glaube, das jemand, der wirklich gut ist, eine Meinung hat, ohne
diese Anderen aufdrängen zu müssen, eine Meinung, die nicht in Stein
gemeißelt ist. Jemand, der sagen kann, »Ja, du hast recht«, wenn er
selbst falsch liegt. Es geht eigentlich immer darum, ein echtes
Interesse daran zu haben, mit Anderen zusammenzuarbeiten, denn Erfolg
hat letztendlich nichts damit zu tun, dass man sich vor anderen
produziert, sondern eher damit, dass man mit anderen eine Gemeinschaft
von Leuten aufbaut, die sich gegenseitig voranbringen.
Man braucht sich nur ein wenig in der Literaturgeschichte umschauen,
um zu sehen, dass viele Autoren, die bekannt wurden, Teil einer Gruppe
von ähnlich guten Schriftstellern waren. Goethe, Kafka, Hemmingway,
Mann, Tolkien und viele andere waren nur der herausragende Teil solcher
Gruppen von Autoren, die sich gegenseitig unterstützt haben. Die
Vorstellung vom Genie, das große Kunst im stille Kämmerlein schafft ist
nichts weiter als das: Eine romantische Vorstellung.
Deswegen lohnt es sich, sich mit anderen Autoren zusammenzutun, statt im stillen Kämmerlein vom Geniestreich zu träumen.
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