Freitag, 7. November 2014

Erzähltechniken für Fortgeschrittene I: Intertextualität



In der letzten Woche ging es darum, sich über die Genregrenzen hinwegzusetzen, um so dem eigenen Schreiben eine eigenständige Note zu geben. Heute soll es dagegen um eine Schreibtechnik gehen, die im Selfpublisher-Bereich sehr selten angewand wird: die Intertextualität. 

Die Intertextualität ist ein literaturtheoretisches Konstrukt, von dem im Independent-Bereich nur Wenige gehört haben werden. Das ist schade, weil es sich dabei - wenn man Sie auf das eigene Schreiben anwendet - eine sehr machtvolle Erzähltechnik handelt, die die Möglichkeiten, sich als Autor ausdrücken zu können, immens erweitert

Den Begriff "Intertextualität" taucht zum ersten Mal in einem Artikel der Literaturwissenschaftlerin Julia Kristeva auf. Grob vereinfachend gesprochen beschreibt er die Eigenschaft mancher Texte, im Ganzen oder einzelnen Teilen auf andere Texte zu verweisen. Das ist zum Beispiel in vielen postmodernen Texten ein beliebtes Stilmittel. Als Technik angewandt bedeutet Intertextualität, dass man in den Text Anspielungen auf andere Texte einbringt, ohne diese zuplagiieren.

Ein mehr oder weniger offensichtliches Beispiel dafür wäre eine Krimiszene, in der der Kommissar einen Sherlock-Holmes-Roman ließt. Es geht aber auch wenige offensichtlich, indem man beispielsweise Namen verwendet, die auf andere Texte verweisen (Terry Pratchetts Cohen der Barbar ist ein gutes Beispiel dafür). Generell lassen sich grob vier wesentliche Formen von intertextwellen Verweisen unterscheiden:

  • Das Zitat: Eine Figur ließt aus einem Buch, zitiert daraus, denkt über das Gelesene nach usw,
  • Verweise durch Namen: Der Name einer Sache oder einer Figur ähnelt dem einer Sache oder Figur aus einem anderen Text (oder Medium - Zum Beispiel, wenn Cohen der Barbar auf seinem Esel Frodo aufsitzt und mit angelegter Lanze auf die Windmühlen Ioßreitet.). Ein anderes Beispiel wäre vielleicht ein gefallener Engel namens Dashiel Spade, der Vampire jagt, die im Dunkeln glitzern (Constantine,Dashiel Hammet (Sam Spade), Blade und Twilight)
  • Verweise durch Eigenarten der Figuren (William Von Baskerville und Adson)
  • Verweise durch strukturelle Anleihen.


Was aber unterscheidet den intertextuellen Text vom Plagiat? Ist das nicht abgeschrieben? - Im Gegensatz zum Plagiat, das einfach die Vorlage nachbildet, bzw. -äfft, zeichnet sich die Intertextualität dadurch aus, dass Sie die Anleihe ironisiert, also den Text, auf den verwiesen wird, in ein ironisches Verhältnis zu sich selbst stellt. Es geht bei der Intertextualität ausdrücklich nicht darum, von jemand anderem abzuschreiben, sondern vielmehr darum, dem eigenen Text durch eine pointierte Anspielung auf einen anderen Text eine zusätzliche Bedeutungsebene zu verleihen, in etwa so, wie man auf Webseiten einen Link setzt.

Bleibt die Frage: Wozu das Ganze? - Die Antwort ist einfach.: Weil es die Erzählung interessanter macht! In "Jenseits der Schwarzen Berge" habe ich zahlreiche solcher Anspielungen auf andere Texte (und Filme ) aus dem Fantasy-, Science-Fiction- und Horror-Bereich eingebaut. Man kann das Buch einfach so herunterlesen, ohne von der intertextuellen Seite des Textes irgendetwas zu bemerken. Es ist dann eine schöne Geschichte von einer Prinzessin, die einen Weg nach hause sucht. Hat man ein wenig Ahnung von phantastischer Literatur, so kann man sich einen Spaß daraus machen, den Hinweisen zu folgen, um herauszufinden, was sich unter der Oberfläche der Erzählung verbirgt. Beherrscht man das Spiel mit der Intertextualität, kann man seinen Texten so eine Qualität verleihen, die andere Stories des Genres nicht haben.

Nächste Woche werden wir eine nahe Verwandte der Intertextualität aufsuchen: die Dialogizität.

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