Freitag, 23. Januar 2015

Googlen ist nicht recherchieren II: Eine Replik


Auf meinen Post "Googlen ist nicht recherchieren" hat es verschiedentlich die Kritik gegeben, dass ich ja in meinem Beispiel nichts anderes getan hätte als zu googlen. Richtig ist, dass ich in meinem Beispiel Google benutzt habe, weil das die Datenquelle ist, die den Meisten vertraut ist und immer zur Verfügung steht. Die Datenquelle ist aber für mein Beispiel eher zweitrangig, denn es geht mir um die Methode.

Ich vermute, dass die Kritik an meinem Post zustande gekommen ist, weil meine Kritiker und ich verschiedene Auffassungen davon haben, was man unter "googlen" verstehen sollte. Deshalb möchte ich hier darstellen, was ich unter "googlen" im Gegensatz zu "eine Datenquelle" auswerten verstehe:

Ungeschicktes Fragen

Mir ist immer wieder aufgefallen, dass auch Leute, die ich für sonst recht versiert im Umgang mit Texten usw. halte einen etwas unkoordinierten Zugang zum Umgang mit einer Suchmaschine haben. Da kommen dann Suchanfragen heraus, die in etwa so aussehen: "Einfache Rezepte zum prima Kekse backen für Hunde" (die Stichelei ist beabsichtigt). Als Ergebnis erscheint dann das in Abb. 1 gezeigte Suchergebnis. Gibt man dagegen nur die wirklich relevanten Suchbegriffe "Hundekeks Rezept einfach" ein, verbessert sich die Qualität des Ergebnisses deutlich (siehe Abb. 2). Die Verwendung von für die Suchmaschine irrelevanten Worten hat dazu geführt, dass Google am Ziel vorbeigeschossen ist und uns schlechtere Ergebnisse liefert, als es eigentlich könnte.

Es ist dieser etwas naive Zugang zum Thema Suchmaschinenverwendung, den ich unter "googlen" verstehe. Viele tippen einfach irgendetwas in das Suchfeld ihres Browsers, ohne sich vorher Gedanken darum zu machen, was sie eigentlich suchen bzw. finden wollen. Viele schlucken auch das, was ihnen die Suchmaschine auf der ersten Seite präsentiert, wobei die spannenderen Dinge in der Regel auf den hinteren Seiten passieren, also da, wo nicht jeder hinschaut (hilfreich ist auch, die Suche auf bestimmte Datentypen, z. B. PDFs, einzugrenzen). Was Google auf der ersten Seite zeigt, ist nämlich nur das, was alle sehen.

Recherche ist mehr als Suchen

Doch selbst das bedachte und geschickte Suchen in einer Suchmaschine ist noch keine Recherche. Diese beginnt erst, wenn man beginnt, die gefundenen Daten miteinander zu verbinden. Im Falle des Lokalpolitikers aus meinem ersten Recherche-Post könnte ich zum Beispiel ein Veranstaltungs-Foto gefunden haben, auf dem der besagte Lokalpolitiker mit mehreren anderen Personen sitzt. Daraus ergeben sich Folgefragen: Wer sind die anderen Personen? Was ist ihre Funktion? Was ist das Thema der Veranstaltung? Mit welchen Institutionen stehen diese Personen in Verbindung? Ich kann nun ausgehend von diesem einen Bild weitere Suchen starten. Diese müssen nicht auf eine Suchmaschine beschränkt sein.

Wenn die Veranstaltung, zu der das Foto gehört, zum Beispiel das Foto einer Bürgerversammlung ist, in der es um die Errichtung eines neuen Kohlekraftwerks am Stadtrand geht, könnte ich mich mit den Organisatoren der Veranstaltung in Verbindung setzen, schauen, ob es eine Bürgerinitiative gibt, die gegen das Kraftwerk ist oder den Versuch starten, mich mit Vertretern der Firmen in Verbindung setzen, die am Bau des Kraftwerks beteiligt sind. Man könnte auch noch ins Stadtarchiv gehen oder nach einem historischen Verein suchen, um etwas über die Geschichte des Grundstücks zu erfahren.

Entscheidend ist, das man sich so von Information zu Information weiterhangeln und Stück für Stück ein Bild von den Begebenheiten machen kann. Die eigentliche Rechere besteht nicht aus den einzelnen Suchen, sondern darin, die gefundenen Informationen miteinander zu verbinden. Mit jedem Schritt, den man gegangen ist, kann man aus dem bisherigen Material neue Spuren ziehen, die man weiterverfolgen kann. Im Gegenzug vervollständigt sich das Gesamtbild immer mehr.

Tipp: Ein Handarchiv anlegen

Hilfreich ist es auch, sich ein sogenanntes Handarchiv azulegen. Hinter dem etwas altmodischen Begriff "Handarchiv" verbirgt sich eine Sammlung von Recherchematerial, das man gesammelt hat, um es jederzeit zur Hand zu haben. Es kann einerseits als Ausgangspunkt für neue Recherchen dienen, andererseits stellt man sich so sein persönliches Nachschlagewerk zu Themen zusammen, an denen man interessiert ist.

In den Zeiten vor dem Computer bestand so ein Handarchiv in der Regel aus einer Sammlung von Zeitungsausschnitten, Mitschriften oder Dokumenten, die man zum Beispiel nach Themen sortiert in Ordnern abheftete oder in Archivmappen unterbrachte. Heute bieten sich dafür Programme wie Evernote oder Outliner an. Wichtiger als die konkrete Technik, mit der man seine Informationen archiviert, ist, dass man die Daten sinnvoll strukturiert ablegt.

Nützliche Links

Das Netzwerk Recherche bietet mit seiner Werkstatt-Reihe nützliche Informationen zum Thema Journalismus an, unteranderem zum Thema Recherche. Dort findet man auch eine Digitalversion des Trainingshandbuchs Recherche, dass einem interessante Einblicke in das Thema bietet, sowie die beiden Bände Leidenschaft Recherche und Mehr Leidenschaft Recherche.

Im englischen Sprachraum gibt es die Nieman Reports, die auch qualitativ hochwertige Informationen bieten

Nützliche Informationen kann man auch auf den Seiten der Mainzer Mediendispute finden.

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