Die eigenen Fehler zu erkennen ist schwierig. Das gilt nicht nur in zwischenmenschlichen Beziehungen, sondern auch für die eigenen Texte. Es trifft sogar auf Leute zu, die so wie ich seit fünfzehn Jahren die Texte anderer Leute korrigieren Ich kann an keiner Kekspackung mehr vorbeigehen, ohne die Rechtschreibfehler, typographischen Schwächen, Farbfehler usw. zu sehen, aber meine eigenen Typos sehe ich nicht (jedenfalls nicht alle). Ist das ein Grund, jetzt in Verzweiflung auszubrechen? Nein: Sich selbst den eigenen Text laut vorzulesen kann Abhilfe schaffen.
Der Witz an der Sache ist, dass man, wenn man den Text laut vorließt, unweigerlich an den Stellen ins Stocken kommt, an denen etwas nicht stimmt. seien es nun Rechtschreibfehler oder grammatikalisch fragwürdige Konstruktionen. Wichtig ist dabei, dass man sich den Text langsam und ruhig vorließt und nicht über die Zeilen huscht. Man sollte auch nicht zuviele Seiten in einer Sitzung lesen, da – zumindest ist das meine Erfahrung – spätestens nach zehn Seiten die Konzentration so weit absinkt, dass man nichts mehr mitbekommt.
Konkretes Vorgehen
Theoretisch hört sich das natürlich ganz nett an, aber wie lässt sich das pragmatisch in die Tat umsetzen?
Ich gehe dabei so vor, dass ich den Text den ich korrigieren will mit dem Handy aufnehme und ihn mir dann im Anschluss selbst vorspiele. Man kann logischerweise auch jedes beliebige andere Aufnahmegerät nehmen, für mich hat sich das Telefon aber als die bequemste Alternative erwiesen.
Den Text aufzunehmen hat den Vorteil, dass man sich einzelne Stellen mehrfach anhören kann. Das ist vorallem bei solchen Passagen wichtig, bei denen man sich nicht sicher ist, ob sie unstimmig sind oder nicht.
Während man die Aufnahme abhört, sollte man den zu korrigierenden Text vor sich liegen haben, um die Fehler direkt korrigieren zu können. Da man aber in der Regel nicht so schnell die Korrekturen eintragen kann, wie die Aufnahme durchläuft, ist es wichtig, diese stoppen zu können. Ebenso wichtig ist, dass man aufmerksam und genau zuhört. Es ist besser, sich eine auffällige Stelle mehrmals anzuhören, als einen Fehler durchgehen zu lassen.
Der Computer als Vorleser
Falls man partout nicht vorlesen kann oder will (z. B. weil man seine eigene Stimme nicht ertragen kann oder in irgendeiner Form undeutlich spricht), kann auf den Computer als Vorleser zurückgreifen. Mithilfe eines Text-to-Speech-Programms ist das problemlos möglich. Der Computer hat zudem den Vorteil, dass er den Text so gut wie intonationslos ließt und so eventuelle Fehler nicht durch einen lebhaften Lesestil verdeckt werden können. Ist ein Wort falsch geschrieben, wird er es genauso falsch aussprechen, wie es geschrieben wurde und nicht anders.
Eine Möglichkeit von vielen
Natürlich ist das Sich-selbst-Vorlesen nur eine Möglichkeit, Fehler in den eigenen Texten zu finden. Aber es ist eine sehr effektive, die außerdem das eigene Sprachgefühl trainiert und eine Vorbereitung zum Beispiel auf Lesungen sein kann. Probiert es aus! – Und berichtet mir davon.
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