Freitag, 20. Mai 2016

Wunder der Technik: Auf dem Weg zum Sechs-Millionen-Dollar-Autor?



Auf meinen Wanderungen durch die verschiedenen sozialen Netzwerke begegne ich immer wieder Autoren und Autorinnen, die auf das eine oder andere, speziell für Autoren konzipierte, (nicht unbedingt billige) Textverarbeitungsprogramme schwören, z.B. Scrivener oder Papyrus. Grundsätzlich ist auch nichts dagegen zu sagen, dass man sich elektronische Unterstützung holt. Was mich aber stört, ist, dass es einige gibt, die a) glauben, dass man ohne ein solches Programm nicht ordentlich schreiben kann und b), dass das bloße Vorhandensein dieser Software automatisch einen guten/besseren Schriftsteller aus seinem Besitzer macht.

Sein wir doch mal ehrlich: Selbst die beste Software kann mangelndes Talent nicht ersetzen. Nur weil ich mir 'Papyrvener' oder 'Scrivenus' auf meinen Rechner geladen habe, habe ich nicht automatisch bessere Ideen oder werde sprachlich fitter (letztendlich ist die Stilkontrolle von Papyrus nur eine Prothese). Aus Lieschen Müller und Hannes Strunk wird eben keine Lindsey Stirling und kein David Garret, nur weil man ihr oder ihm eine Stradivari in die Hand drückt.

Der Grund ist einfach: Selbst das beste Instrument braucht jemanden, der es zu bedienen weiß, ansonsten ist es zu nichts nutze. Es ist wesentlich wichtiger, die Grundlagen des Schreibens zu beherrschen als darauf zu hoffen, dass die Technik bzw. ein Algorithmus meine Fehler schon ausbügeln wird. Andererseits kann ein wenig technische Unterstützung dazu dienen, dem Autor etwas Arbeit abzunehmen (zumindest denen, die so eine Unterstützung brauchen). Für mich selbst taugt so ein Programm nichts, weil ich nach fünfzehn Jahren in einer Zeitschriftenredaktion genug Erfahrung und Routine habe, dass mich der Krimskrams, der in die einschlägigen Programme eingebaut ist, nur ablenkt. Ich bin inzwischen so weit, dass ich, um mich nicht unnötig abzulenken, meine Texte mit dem Markdown-Editor Ghostwriter schreibe. Was mich ebenfalls abschreckt, ist der zumindest für Papyrus nicht eben geringe Preis von aktuell 179 Euro, zumal es kostenlose Alternativen gibt. Ich sehe einfach nicht ein, fast zweihundert Euro in ein gehyptes Programm zu investieren, wo es doch quelloffene Alternativen gibt, die gar nichts kosten.

Einige Beispiele dafür sind:
Etwas schlichter geht es bei den folgenden Editoren zu:

4 Kommentare:

Claudia hat gesagt…

Ich selbst schreibe lieber in Word. Dass viele Analysetools hilfreich finden und gerne damit arbeiten, verstehe ich zwar, aber das Verständnis endet, wenn die Programme als Muss bezeichnet werden. Manche meinen ja, wer Autor sein wolle, brauche Papyrus und co. Das ist Unsinn, ein Autor braucht Ideen, die Fähigkeit, diese in Worte zu fassen und ein Medium, auf dem er sie festhalten kann.

Evanesca hat gesagt…

Ich habe von meinem elften bis zu meinem 25sten Lebensjahr komplett ohne besondere Programme geschrieben.
Erst im März diesen Jahres bin ich auf "Patchwork" umgestiegen (damals noch für den billigeren Preis von 58€, wohlgemerkt :D ), weil mich weniger die Stilanalyse etc. gereizt hat, sondern weil ich sehr komplexe und ineinander verschachtelte Projekte schreibe und mir die Komplexität dessen die Freude am Schreiben abzuwürgen drohte.
Vor lauter Excel-Tabellen und ausgelagerten Word-Dokumenten mit Zeugs musste ich manchmal suchen, wo jetzt das Fenster mit meinem Roman war.
Jetzt habe ich den ganzen externen Kram in einem Programm und das räumt für mich mehr Zeit und Muße für das Schreiben an sich frei :D.
Aber ja, die Ansicht, das Programm macht den Autor und ohne sei man "nur Hobbyschriftsteller und wird nie was schaffen" ist dämlich. Da stimme ich dir zu und das war der Grund, aus dem ich mich gegen ein Programm gesträubt habe, bis ich feststellte, dass mir meine Romanwelten sonst über den Kopf wachsen.

Ruby Rose hat gesagt…

Ich benutze auch eine Mischung aus Open Office und FocusWriter. Ich komme mit vielen kleinen Hilfsmitteln, wie einer groben Ideenübersicht auf Tafelfolie an der Tür und Notizzetteln überall besser klar, als mit den Programmen. Habe es mehrfach versucht und die lenken mich nur ab mit ihren Spielereien.
Vielleicht geht es schneller, aber schnell heißt nicht gut, wie man bei einigen vielschreibenden Autoren wie Nora Roberts sieht. Oft lässt nach Jahren dann die Vielfalt nach und alles klingt mehr oder minder gleich.

Wer übrigens glaubt niemand könne ohne so was ein gutes Buch schreiben, soll sich übrigens mal mit Goethe und Schiller unterhalten^^

Amalia Zeichnerin hat gesagt…

Ich schreibe mit Begeisterung mit YWriter, was mir gut hilft, meine Manuskripte zu strukturieren. Ganz zum Schluss, nach allen Überarbeitungen, Korrekturen und Lektorat setze ich meinen Buchblock selbst in Open Office. Ich schließe mich Ruby Rose an, was Goethe und Schiller betrifft ;)
Ich denke, es ist wohl auch eine Marketingmasche, dass das Gerücht gestreut wird, man könnte heutzutage als Autor nur etwas werden, wenn man spezielle Autorenprogramme nutzt.
Ich meine damit, schauen wir doch mal in andere Bereiche des täglichen Lebens: Viele Menschen denken heutzutage, sie wären völlig aufgeschmissen ohne ein Smartphone. Werbung und Marketing schaffen nun mal immer wieder neue Bedürfnisse bei den Konsumenten - Bedürfnisse, die es früher gar nicht gab. Aber ich schweife ab, sorry ;)